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«Mein Stil» mit Tutia Schaad

Pure Freude

Mode ist ihr Metier: Die Schweizer Designerin gilt in ihrer Wahlheimat Berlin als Hoffnungsträgerin.

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Porträt Tutia Schaad

Designerin Tutia Schaad mit einem gelben Top des eigenen Labels Perret Schaad.

Dirk Merten

Lob von allen Seiten heimsten die beiden für ihre neuste Kollektion (Herbst/Winter 2013) ein. Johanna Perret, 29, und Tutia Schaad, 31, lernten sich während ihres Studiums an der Weissensee Kunsthochschule Berlin kennen und gründeten 2009 ihr gemeinsames Label Perret Schaad. Gerade nahm die renommierteste Online-Plattform für Mode ihre Kollektion ins Portfolio auf – style.com präsentiert die wichtigsten internationalen Designer. Tutia, Schweizerin mit vietnamesischen Wurzeln, fühlt sich in der deutschen Hauptstadt sehr wohl. Hier fand sie ihre grosse Liebe und erwartet nun ihr erstes Kind. Für die Kleine hat sie schon fleissig geshoppt. «In letzter Zeit sind wir viel gereist, nach Paris, Dänemark und in die Schweiz. In jedem Land kaufte ich ihr ein Mitbringsel.» Auf den Lorbeeren auszuruhen, käme der Ambitionierten nicht in den Sinn. Ihre Tochter möchte sie zur Arbeit mitnehmen.

Tuti Schaad sitzt in ihrer Wohnung auf einem Stuhl

Ihr Herz schlägt für Farben: Hier kombiniert Tutia Schaad ein weinrotes Seidenkleid ihres eigenen Labels mit Schwangerschaftsjeans von H&M und Schuhen von Dries Van Noten.

Dirk Merten

SI Style: Wie lange brauchen Sie am Morgen, bis Sie sich zurechtgemacht haben?
Tutia Schaad: Für das Outfit zwei Minuten. Meine Garderobe bietet zum Glück vieles, das ich spontan kombinieren kann. Make-up lege ich kaum auf.

Die Mode, die Sie entwerfen, ist eher puristisch und mit klarer Schnittführung.
Unsere Schnittarbeit ist nicht kompliziert, aber sehr durchdacht. Ich entwerfe intuitiv und spontan, am liebsten direkt an der Puppe. Dabei entstehen tolle Volumen, die man nicht erkennen kann, wenn man auf dem flachen Papier zeichnet.

Wie funktioniert Ihre Zusammenarbeit im Duo?
Wir machen beide alles, es gibt keine Arbeitsaufteilung. Einige Entwürfe entwickeln wir zusammen, andere wiederum kreiert jede für sich, und danach besprechen wir sie gemeinsam.

Akzeptieren Sie Kritik von Ihrer Partnerin mühelos? 
Gegenseitige Kritik gibt es selten. Wir spielen damit, dass wir unterschiedlich sind. So entstehen vielfältige Kollektionen, und wir können unterschiedliche Frauen ansprechen.

Also kommt es nie zu Streit zwischen Ihnen. 
O doch, auf jeden Fall. Aber das ist gut! Wir brauchen die Diskussion. Einzig über Farben sind wir uns stets einig.

Wann wurde Ihnen klar, dass Sie Mode machen wollen?
Als ich ganz klein war. Seit ich einen Bleistift in den Händen halten konnte, habe ich gezeichnet – stundenlang.

Was bedeutet Ihnen Erfolg?
Wir investierten drei Jahre lang in den Aufbau. Plötzlich kam die Aufmerksamkeit, und alles wurde einfacher, wir können heute von unserer Leidenschaft leben. Aber Erfolg haben wir erst, wenn wir eine richtig gute Infrastruktur geschaffen haben und die besten Leute anstellen können. Das streben wir an. 

Sind Sie ehrgeizig?
Absolut. Ich habe immer hart gearbeitet. In dieser Branche ist alles sehr kompetitiv. Nur schon, um einen Platz in einer bekannten Schule oder eine Praktikumsstelle zu ergattern, muss man kämpfen. Während des Studiums habe ich ein Praktikum bei Givenchy gemacht. Ohne Ambitionen schaffst du das nicht.

Was schätzen Sie an Berlin?
Dass sich vieles schnell verändert. Als Bewohner wird man Teil dieses Prozesses. Es gibt hier gewisse Freiheiten, die man in Paris oder London vermutlich nicht hat. Von der Stadt haben wir einige Unterstützung bekommen. 

Die Stadt ist auch bekannt als Party-Destination.
Das stimmt. Und ich tanze liebend gern. Früher war ich allerdings öfter unterwegs als momentan.

Fehlt Ihnen hier auch etwas?
Manchmal ist es etwas zu ruhig. Andere internationale Metropolen sind dynamischer. Hier musst du selber aktiv sein. Wenn du nicht genau weisst, was du willst, ist Berlin nichts für dich. Ausserdem fehlen mir die Wärme Vietnams und natürlich die Schweizer Berge.

Haben Sie sich verändert, seit Sie in Deutschland leben?
Bestimmt. Immerhin wohne ich seit sieben Jahren hier. Man wird sich bewusster, woher man kommt. Meine Wurzeln sind mir heute viel mehr wert.

Sie sprechen sehr gut Deutsch, obwohl es nicht Ihre Muttersprache ist. Gibt es dennoch Verständigungsschwierigkeiten?
Deutsch ist schon sehr schwierig. Aber um hier akzeptiert zu werden, musste ich es beherrschen. Praktischerweise ist meine Partnerin halb Französin. Oft switchen wir hin und her zwischen den beiden Sprachen, doch eigentlich haben wir unseren eigenen Sprachmix kreiert.

Modebücher «My Dear Bomb», «Bernhard Willhelm & Jutta Kraus», «Balenciaga Paris» und Holzvogel von Vitra

Modebücher dienen zur Inspiration: Yohji Yamamotos «My Dear Bomb», «Bernhard Willhelm & Jutta Kraus», «Balenciaga Paris».

Dirk Merten

Ihnen ist die Integration gelungen. Sie haben auch Ihren Freund hier kennengelernt. Wie haben Sie sich verliebt?
Ich lernte ihn über meinen Mitbewohner während des Studiums kennen. Mein Freund ist Architekt. Und jetzt gründen wir eine Familie. In einem Monat kommt unsere Tochter zur Welt!

Gratulation! Man sieht, es ist bald so weit. Sie strahlen …
Ja, es geht mir zum Glück hervorragend. Ich erlebe eine wunderschöne Zeit. Hinzu kommt meine positive Stimmung: Seit ich schwanger bin, habe ich das Gefühl, dass alles möglich ist. Es treibt mich richtiggehend an.

Sie arbeiten sehr viel. Wissen Sie schon, wie Sie beruflich nach der Geburt Ihrer Tochter weiterfahren wollen?
Ja, ich stelle mir vor, dass sie einfach überallhin mitkommt. Logisch, müssen wir uns organisieren. Ich habe schliesslich keine Familie in der Stadt. Da ich selbstständig arbeite, kann ich den Tag flexibel gestalten.

Wird Ihr Partner einen Teil der Kinderbetreuung übernehmen?
Ja, klar. Er ist ebenfalls selbstständig und macht daneben ein Doktorat. Bestimmt wird es ein Mini-Abenteuer – oder auch ein grosses.

Planen Sie eine Kollektion für Kinder?
Das wäre toll. Leider fehlt mir dafür die Zeit. Aber wenn ich mir das vorstelle mit all den Farben, dann hätte ich schon Lust.

Hätten Sie einen Wunsch frei …
Wünschte ich mir Grenzenlosigkeit. Ich glaube, dass jedes Ziel erreicht werden kann mit harter Arbeit. Ich hoffe, dass ich diese Einstellung nicht verliere.

Von Nina Huber am 21. Juni 2013 - 08:42 Uhr, aktualisiert 21. Januar 2019 - 01:20 Uhr