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«Privé» mit Julian Zigerli

«Rihanna würde ich am liebsten in meinen Designs sehen»

Die Uhr tickt: Bis 2016 möchte Mode­designer Julian Zigerli den Durchbruch geschafft haben. Der Stand der Dinge? Wir haben den Zürcher besucht. 

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«Privé" mit Julian Zigerli

Der Modeschöpfer als Model. Julian Zigerli in einem Eigenentwurf in seinem Zürcher Atelier.

Wenn Julian Zigerli sein bübisches Lächeln zeigt, ist es ein bisschen so, als durchdringe ein Sonnenstrahl den grauen Wolkenhimmel. Jugendlichkeit, Verspieltheit und Humor liegen dem 30-Jährigen am Herzen – da erstaunt es kaum, dass die Kleider seiner aktuellen Herbst/Winter-Kollektion mit grellen Tönen und aufwendigen Prints bestechen. Ginge es nach dem Zürcher, trüge der Mann von Welt auch in kalten Monaten Pink, Gelb und Blau. «Ich war schon als Kind ein kleiner Paradiesvogel», sagt Zigerli. Klar, die Schweiz ist ein hartes Pflaster für den Mann, der sein Leben der farbenfrohen Kreativität verschrieben hat. Im kleinen Markt gelingt es ihm aber umso besser, herauszustechen. Wie lange es wohl dauert, bis das Vögelchen flügge wird? Die Aufmerksamkeit von Giorgio Armani hat er bereits gewonnen. Und das ist doch schon ein guter Anfang. 

SI Style: Nach Ihrem Abschluss des Modedesignstudiums in Berlin 2010 gaben Sie sich fünf Jahre Zeit, um den Durchbruch zu schaffen. Ihre Bilanz so kurz vor dem Endspurt? 
Julian Zigerli: Ich bin ganz zufrieden. Die Aufmerksamkeit für mein Label steigt, die Schritte nach vorn werden grösser. Gerade arbeite ich an einer einfacheren, günstigeren Unterlinie und an ersten Kollaborationen. Der Verkauf ist aber nach wie vor schwierig.

Wann ist Ihnen das letzte Mal ein Unbekannter auf der Strasse begegnet, der Ihre Mode trug?
Ou (lacht), das ist eine Weile her. Freunde schicken mir aber oft Handyfotos von Leuten, die etwas von mir anhaben. Ich selbst flitze ja immer mit dem Velo durch die Stadt, da übersehe ich das meistens.

In Zürich ist man, in Julian Zigerli gewandet, ja geradezu ein bunter Hund. 
Stimmt. Der Stil der Schweizer ist vorsichtig. Aber sie trauen sich dann was, wenn sie merken, dass ein bunteres, gemustertes, verspielteres Stück an ihnen gut aussieht. 

Sie präsentieren Ihre Mode in Mailand und Berlin und verkaufen gerade im asiatischen Raum gut. Was hält Sie in Zürich?
Das angenehme Leben, die Familie, Freunde. Hier erhalte ich die meiste Medienpräsenz. In Tokio und Peking mache ich guten Umsatz, bekomme dort aber kaum Presse. Und Berlin hat einfach kein Geld. Ich stelle in Zürich immer wieder fest, dass Qualität und Einmaligkeit geschätzt werden, auch wenn man sich generell eher klassisch und zurückhaltend kleidet. 

 
Tapferes Schneiderlein. Arbeitsuntensilien im Atelier.

Tapferes Schneiderlein. Arbeitsuntensilien im Atelier.

Empfinden Sie es nie als deprimierend, in einer Stadt zu arbeiten, in der man modische Risiken lieber meidet? 
Überhaupt nicht. Hier verbringe ich meine Zeit im Atelier und arbeite an der Kollektion. Da ist es relativ egal, wo auf der Welt ich bin. Die Fashionszene habe ich während der Zeit der Schauen in Mailand, Berlin und Paris genug um mich.

Neben den für Sie typischen Drucken und sportiven Schnitten sollen Ihre Kleider funktional und bequem sein. Inwiefern erfüllt eine Jacke mit Schlaufenarmen diese Kriterien?
Diese Anforderungen sind eine Grundvision, die nicht jedes ein-zelne Teil erfüllen muss. Die Jacke ist ein Show-Piece, neu und unkonventionell.

Als Giorgio Armani Ihnen im Januar die Möglichkeit gab, in seinem Teatro Armani Ihre Kollektion zu zeigen, erhielten Sie hierzulande sowie international viel mediale Aufmerksamkeit und Lob. Kaufen kann man Ihre Sachen dennoch nur im Zürcher Pop-up-Store Temporär sowie neu bei On y va. Warum?
An mir liegts bestimmt nicht! Der direkte Verkauf an die Läden ist für einen Jungdesigner das Schwierigste. Da bin ich einer von vielen. Meistens komme ich mit den Verantwortlichen nicht einmal ins Gespräch.

Branchenkenner sagen, Sie machen keine androgyne Mode, sondern eine, die die «neue Maskulinität» unterstreicht. Was bedeutet das konkret?
Die Androgynie ist eher mein Look als mein Ziel. Ich designe primär für den Mann, spiele aber gern mit Farben und Prints, die etwas Weibliches hervorrufen. Die Farbe Pink kombiniere ich beispielsweise mit Neoprenstoff, der wiederum kastig und sportiv ist.

Der moderne Mann scheut sich also nicht davor, seine weibliche Seite zu zeigen – auch modisch?
Um diese Frage zu beantworten, müsste man sich wohl mit Gender-Studies befassen. Fest steht: Männer sind heute zunehmend weltoffen, und Modeinteressierte kümmern sich immer weniger um die Grenze zwischen Maskulinität und Femininität.

 
Kleintierzoo. Souvenirs aus Japan.

Kleintierzoo. Souvenirs aus Japan.

Welches ist Ihre femininste Eigenschaft?
Vielleicht, dass ich Mode mache?

Und Ihre männlichste?
Ich bin leidenschaftlicher Fussballspieler!

Wie gross ist das Kind in Ihnen?
Das sieht man wohl (lacht). Es macht mindestens die Hälfte meines Geistes aus. Ich geniesse es, frei zu sein und selbstständig mein Label mit eigenen Visionen aufbauen zu können.

Dazu müssen die finanziellen Mittel stimmen. Können Sie von Ihrer Arbeit leben?
Ich werde noch von meinen Eltern unterstützt. Preise wie der Swiss Design Award bringen zwar bestimmte Summen ein. Eine Musterkollektion, die pro Saison zwischen 50 000 und 80 000 Franken kostet, muss man sich aber leisten können. Ich schreibe leider noch keine schwarzen Zahlen und produziere nach wie vor in kleinen Mengen. 

Sie sagen, Sie führen ein Familienbusiness, in dem Sie der Anführer sind. Ihre Eltern müssen entweder extrem viel Vertrauen in Sie haben oder sehr tolerant sein.
Nun, eigentlich ist es ja mein Business. Meine Eltern haben mich von Anfang an dazu ermutigt, diesen Schritt zu wagen, auch wenn sie erst nicht wirklich verstanden haben, was es bedeutet.

Wie waren Sie als Kind?
Meine Welt war damals wie heute vielseitig, entdeckerisch und experimentell.

Wovon sind Sie besessen?
Von Fernsehserien, momentan von «The Leftovers» mit Liv Tyler und noch einem bekannten Schauspieler, an des-sen Namen ich mich leider nicht erin-nere (Justin Theroux, Anm. der Red.). Ein «eye candy» vom Feinsten.In Ihrem Zuhause reihen sich Hello-Kitty-Seifenspender und Spongebob-Trinkbecher aneinander. Ich liebe diese Dinger. Die schaut man an und hat jedes Mal Freude daran. 

Sind Sie religiös? 
Nein. Meine Grossmutter ist Italiene-rin, und ich bin katholisch, aber das ist mehr pro forma. Gleichzeitig kümmert es mich zu wenig, um aus der Kirche auszutreten. Solange meine Nonna noch lebt, könnte ich ihr das eh nicht antun.

Verliebt?
Ja, immer wieder (schmunzelt). Und zwar in vieles: in meinen Freund, meine Familie, Kollegen. Ich liebe alle gleich fest.

Was beflügelt Sie?
Fussball spielen. Sorglosigkeit.

Wie beflügelnd ist das Ende einer Modeschau?
Das ist schon sehr emotional. Man wird süchtig nach Feedback und positiven Rückmeldungen.

Wie lange sind Sie täglich online?
Lange. Deshalb spielt es ja auch keine Rolle, wo ich arbeite. Man ist ständig mit der ganzen Welt in Kontakt. Gott sei Dank mag ich auch die sozialen Medien, die helfen meinem Label sehr. Sie sind die neue Werbung.

Schicken Sie Prominenten Kleider zu, um PR zu bekommen?
Das ist schon ein Thema. Beim vergangenen Zürich Openair habe ich Robyn von Röyksopp & Robyn Sachen von mir vorbeigebracht. Leider habe ich bis heute kein Foto davon gesehen. Es fällt mir schwer, meine Kreationen gratis wegzugeben, besonders an Leute, die sie sich eigentlich leisten könnten. Aber hey, wenigstens weiss ich, dass Robyn jetzt mit Julian Zigerli rumläuft. 

Wen wollen Sie in Ihrem Design sehen?
Wenn ich mir das überlege, komme ich meist auf Frauen. Rihanna wäre cool.

Dann spielt Weiblichkeit also doch eine Rolle, was?
Stimmt. Bei Musikern zählt aber besonders der Grad an Verrücktheit. 

Anlässlich der vergangenen Mailänder Modewoche erschien ein Artikel über Sie mit dem Titel «Zigerli versuchts». Wie lange wird es noch dauern, bis wir lesen: «Zigerli hats geschafft»?
Was heisst versuchts? Ich machs!

 
Modisches Chaos. Seine Kreationen sind im Atelier verteilt.

Modisches Chaos. Seine Kreationen sind im Atelier verteilt.

Von Charlotte Fischli am 6. Januar 2015 - 16:41 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 16:36 Uhr